Swisscom-Chef: Entbündelung wird
Festnetzpreise in der Schweiz senken
Die erzwungene Vermietung von
Anschlussleitungen der
Swisscom an
Mitbewerber (Entbündelung) wird zu einer deutlichen Senkung der
Festnetztarife in der Schweiz führen. Swisscom-CEO Carsten Schloter
hat in einem Interview mit der im Internet verbreiteten TV-Sendung
Börsenstandpunkte für das kommende Jahr Preissenkungen von
30 bis 40 Prozent in Aussicht gestellt. "Insbesondere wird es erste
Angebote geben, wo der Kunde integriert Breitband und Telefonie für
einen Fixpreis pro Monat hat", sagte Schloter.
Bisher hat der Ex-Monopolist 230 Vermittlungsstellen für
Konkurrenten geöffnet, die damit 1,6 Millionen Schweizer Haushalte
erreichen können. Das ist etwa ein Drittel aller Haushalte des
Landes. Doch die Mitbewerber werfen der Swisscom unfaire Bedingungen
vor und haben bei der eidgenössischen Kommunikationskommission (ComCom)
Klagen eingebracht. Die Beschwerden betreffen verschiedene Bereiche;
insbesondere der Preis von 31 Franken (umgerechnet 18,64 Euro) pro
Teilnehmeranschluss sorgt für Unmut. Aber auch die Miete für
Kabelkanäle, wo pro 100 Meter monatlich 40 Franken (24,05 Euro)
anfallen, ist Anlass für eine Klage. Schloter verteidigte sich mit
dem Hinweis darauf, dass die Preise von der Swisscom
kostenorientiert festzulegen seien und erst im Nachhinein von der
Regulierungsbehörde überprüft würden.
Im Mobilfunkbereich seien die Preise in den letzten zwei Jahren
bereits um gut 40 Prozent gesunken, so Schloter: "Wir haben auch die
Preise für Gespräche im Ausland massiv gesenkt, fast halbiert. Und
das geht weiter. Es ist im Augenblick jedes Jahr bei der Swisscom um
ungefähr fünf Prozent nach unten gegangen. Und das wird der Takt
sein. Das ist für die Swisscom jedes Mal eine halbe Milliarde
(Franken) pro Jahr. Das ist die Kehrseite. (...) Ganz gratis wird es
nie sein. Aber es ist schon so, dass der Kunde am Ende des Tages, in
einigen Jahren, einen Fixpreis bezahlt und nicht mehr pro Gespräche
oder Minute."
Der Mobilfunkarm der Swisscom habe in den letzten zwölf Monaten
350.000 Neukunden dazugewonnen. Die Hälfte davon seien Kunden, die
ausschließlich Datenanwendungen nutzten. Dieser Bereich werde auch
Wachstumstreiber für die Swisscom bleiben. Das Unternehmen arbeitet
an einer neuen Organisationsstruktur. Geschäftskunden sollen nur
mehr einen Ansprechpartner für alle Leistungen haben, Privatkunden
eine Gesamtrechnung erhalten und ab 2009 sich bei allen Problemen an
eine einheitliche Hotline wenden können. Damit einher geht auch eine
einheitliche Marke und ein neues, umstrittenes Firmenlogo.
Die Swisscom ist Inhaber der einzigen
schweizweiten
Konzession für Mobil-TV. Darauf angesprochen meinte Schloter:
"Im Augenblick wäre es noch unseriös zu behaupten, dass Handy-TV ein
Bedürfnis im Massenmarkt ist. Aber wenn man die Videoqualität eben
auf (Geräten wie dem iPhone) sieht, kann man sich schon vorstellen,
dass in ein paar Jahren Menschen wirklich längere Videosequenzen auf
einem mobilen Gerät von dieser Qualität schauen. Handy-TV ist eine
Wette auf die Zukunft, die wir eingehen." Die im kommenden Jahr in
Österreich und der Schweiz ausgetragene Fußballeuropameisterschaft
der Herren sei "vielleicht die Opportunität, dass sich bewegte
Bilder wirklich erstmals auf mobilen Endgeräten durchsetzen."
Torszenen und Kurzbeiträge könnten auf mobilen Endgeräten attraktiv
sein.
Im Breitbandmarkt seien die Wachstumsmöglichkeiten eingeschränkt.
70 Prozent der Schweizer Haushalt könnten bereits einen
Breitbandanschluss nutzen, aber nur 80 Prozent hätten überhaupt
einen Computer. Schloter möchte daher auf spezielle Angebote für
ältere Menschen setzen, diesen müsse die Nutzung einfacher gemacht
werden. So könnte die Swisscom zu den Senioren nach Hause kommen und
ihnen einen PC installieren. Und wenn es damit Probleme gäbe, wäre
die Swisscom für die Behebung zuständig.
Die
Übernahme des zweitgrößten italienischen Festnetzbetreibers Fastweb
für rund 4,2 Milliarden Euro hat der Swisscom im eigenen Land auch
Kritik eingebracht. Dazu der Konzernchef: "Das Risikoprofil ist
natürlich gestiegen. Aber es war ja so, dass die Swisscom in einem
permanenten Schrumpfungsprozess war. Das ist auch keine Zukunft für
die Aktionäre des Unternehmens. Wenn man aus diesem
Schrumpfungsprozess rauskommen will (...) muss man gewisse Risiken
eingehen." Ab der zweiten Jahreshälfte 2009 werde der Cashflow der
Fastweb die Kapitalkosten der Swisscom abdecken.
Schließlich wurden in der Börsensendung auch noch die Dividenden
für Swisscom-Aktionäre angeschnitten. Die Swisscom werde weiterhin
jährlich 50 Prozent der operativen freien Cashflows ausschütten,
versprach ihr Chef: "Sie werden Ausschüttungen sehen bei der
Swisscom, die weiterhin extrem attraktiv bleiben: Dividenden,
Sonderdividenden oder Aktien(rückkäufe). Unser Ziel ist eine
attraktive Ausschüttungspolitik." 2007 habe die Swisscom in der
Schweiz Marktanteile im Mobilfunk und im Breitbandmarkt gewonnen,
der Gewinn je Aktie sei
in den ersten
neun Monaten um 44 Prozent gestiegen. Für die Zukunft gäbe es
Wachstumsfantasie durch den Kauf der Fastweb sowie durch Aktivitäten
in Osteuropa, wo die Swisscom Städte mit Glasfasernetzen ausrüstet.
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